Wilhelm-Busch-Viertel e.V.
Wilhelm-Busch-Viertel e.V.

Das Wilhelm-Busch-Viertel und seine Umgebung

von Marianne Grewe-Wacker

Im Norden

Das Wilhelm-Busch-Viertel lag bis in die Mitte der 1950er Jahre weit außerhalb des städtischen Siedlungsgebietes. Die erste große Änderung zeichnete sich mit dem Bau der Gartenstadt Vahr ab. Die Grundsteinlegung der Gartenstadt fand am 20. Dezember 1954 statt. Auf einem ca. 20 ha großen ehemaligen Parzellengelände errichtete die Gewoba die erste große Stadterweiterung außerhalb des historischen Bremer Siedlungsgebietes. Um der großen Wohnungsnot nach dem zweiten Weltkrieg zu begegnen, sollten schnell, kostengünstig und effektiv an die 4.000 Miet- und Eigentumswohnungen entstehen. Hierzu wurden nach den Grundsätzen des „Neuen Bauens“ und der Gartenstadtidee Materialien wie Beton, Glas und Stahl für Gebäudetypen mit zeitgemäßer, sachlich-schlichter Innenausstattung sowie Ausrichtung nach Licht- und Sonneneinfall eingesetzt. Zur Gliederung sowie zur guten Belüftung dienten geschwungene Straßenverläufe, gemeinschaftlich genutzte Freiräume und in die Höhe gestaffelte Wohnblöcke, die auf ein Hochhaus mit 14 Geschossen am Heideplatz 1 zuliefen. In vier Jahren entstanden 2.226 Mietwohnungen und 1.638 Eigentumswohnungen. Ab Mai 1957 begann der Erstbezug vor allem durch Heimatvertriebene. Die Gartenstadt Vahr wurde ab den 1990er Jahren durch mehrere Gebäude ergänzt. In Kürze sollen weitere „Nachverdichtungsbauten“ fertig gestellt sein. Dann ist beabsichtigt, die Gartenstadt Vahr unter Ensembleschutz zu stellen, um das Gesamtbild mit Gebäuden, Grünanlagen, Wasser- und Straßenläufen zu erhalten.

Für die Bewohner des Parzellengebiets „Hinter dem Rennplatz“ zeigte sich eine ganz andere Art des Bauens als in ihrem Viertel. Es war eine Vorbereitung auf ein noch viel größeres Bauprojekt in ihrer unmittelbaren Nähe, nämlich der Bau der Neuen-Vahr. Auf rd. 280 ha links und rechts der Franz-Schütte-Allee entstanden von der Grundsteinlegung am 9. Mai 1957 bis zur Fertigstellung im Herbst 1961 rd. 11.800 Wohnungen für 30.000 Einwohnerinnen und Einwohner.

Im Osten

Schlossen nach Fertigstellung der Neuen Vahr östlich noch Wiesen und Weiden mit weitem Blick bis zur Osterholzer Landstraße an das Wilhelm-Busch-Viertel an, änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre dieser Anblick. Zwischen 1965 und 1969 entstand auf rd.70 ha der Ortsteil Blockdiek mit 3.000 Wohnungen, die zu 90% Sozialwohnungen waren, für 10.000 Bewohnerinnen und Bewohner. In drei Quartieren wurden Atriumhäuser, Reihenhäuser, viergeschossige Blocks und punktuell zwei Hochhäuser mit 14 bzw. 18 Geschossen errichtet. Zentrale Einrichtungen wie eine Bezirkssportanlage, Kirche, Schule und Einkaufszentrum kamen hinzu und vergrößerten auch das Angebot für die Bewohnerinnen und Bewohner des Wilhelm-Busch-Viertels weiter. Zwischen dem Wilhelm-Busch-Viertel und den Neubauten von Blockdiek zieht sich seit 1969 auf über neun Hektar eine Kleingartenanlage mit 166 Parzellen entlang als „grüner Puffer“ - gut geeignet zum Spazierengehen.

Im Süden

Ende der 1970er Jahre wurden Pläne bekannt, im Holter Feld ein großes Mercedes-Benz Werk zu errichten. Mercedes-Benz hatte 1971 die Werke von ehemals Borgward und später Rheinstahl-Hanomag vollständig übernommen und an der Sebaldsbrücker Heerstraße ein Presswerk errichtet, in dem 1973 die Transporterproduktion begann. 1978 lief hier der erste Mercedes-Kombi vom Band als Vorläufer für die Produktion in einem ganz neuen Werk im Holter Feld. Nach heftigen Auseinandersetzungen in Politik und mit den Bürgerinnen und Bürgern (über 2.000 Anregungen und Bedenken zum Bebauungsplan, Prozesse bis zum Bundesverwaltungsgericht in 1982) erhielt der Senat im Frühjahr 1978 die Zustimmung der politischen Entscheidungsträger zum Verkauf von rd. 69 ha Sport-, Grün-, Kleingarten- und Kleingewerbeflächen. Auch eine erst in 1975 in Betrieb genommene Schule musste weichen. Im November 1979 begannen die Erdarbeiten, 1982 war alles weitgehend fertig gestellt. Im Zusammenhang mit dem Werksbau im Holter Feld wurde die Sebaldsbrücker Heerstraße teilweise hochgelegt und die Hermann-Koenen-Straße und schließlich der Hemelinger Tunnel neu geschaffen. Die Werks- und Pendlerverkehre laufen auch über die Ludwig-Roselius-Allee und die Straße Hinter dem Rennplatz und verursachen dort vor allem bei Schichtwechsel einen nicht unerheblichen Lärm und eine erhebliche Verkehrsbelastung.

Zur Abgrenzung von Werksgelände und Wilhelm-Busch-Viertel wurde ein Wall aufgeschüttet und eine mit Grün, Wasser, Wegen und Bänken ausgestattete naturnah gestaltete Ökozone mit Verbindung Richtung Osterholzer Friedhof angelegt. So haben die vom Verkehrslärm beeinträchtigten Anlieger an der Ludwig-Roselius-Allee immerhin von ihren hinteren Gärten aus einen schönen Blick ins naturnahe Grün. Die Ökozone ist inzwischen ein attraktives Stück Rad- und Fußweg und wird viel genutzt. Das Bremer Mercedes-Benz Werk ist heute Leitwerk für die weltweite Produktionssteuerung in den Auslandswerken und nach dem Standort in Peking weltweit das zweitgrößte von Mercedes-Benz. Jährlich werden bis zu 400.000 Fahrzeuge in elf Modellen in Bremen gefertigt und teilweise auch über Bremerhaven in alle Welt exportiert. Es arbeiten über 12.000 Beschäftigte und über 1.000 Lieferanten und Zulieferer mit ihren Beschäftigten in der Autoproduktion in Bremen. Das Werk sucht immer neue Beschäftigte oder auch Aushilfskräfte. Manch ein junger Mensch aus unserem Viertel hat nach Schule oder Ausbildung schon „bei Mercedes“ gearbeitet.

Im Westen

Das Wilhelm-Busch-Viertel wurde über Jahrzehnte als „Hinter dem Rennplatz“ bezeichnet und fast jede oder jeder konnte mit dieser historischen und weithin bekannten Einrichtung etwas verbinden. Ein knapp 40 ha großes Rennbahngelände wurde 1900 vom Bremer Reitclub – ab 1907 Bremer Rennverein von 1857 – erworben, um eine Galopprennbahn mit Tribüne anzulegen. Die Galopprennbahn wurde in der Folgezeit nicht nur für den Pferdesport sondern auch für den Test von Flugobjekten, Veranstaltungen wie Flugschauen, Ballonwettbewerbe und Konzerte genutzt. Während des Zweiten Weltkriegs waren Flugabwehrkanonen-Stellungen aufgestellt. Auch nach Kriegsende blieben das Gelände und das Renngeschehen Angelegenheit des Bremer Rennvereins. 1979 hat die Stadtgemeinde das Gelände übernommen verbunden mit der vertraglichen Verpflichtung, den Rennbetrieb zu ermöglichen. Nach der Jahrtausendwende haben Stadt und private Investoren in die Modernisierung der Anlage, in ein Hotel und später noch eine Golfanlage investiert. Die Stadt übernahm zu dieser Zeit auch den Rennbetrieb vom Bremer Rennverein, dessen jährliches Defizit Herr Walther J. Jacobs bis zu seinem Tod im Jahr 1998 ausgeglichen hatte. Trotz grundlegender Modernisierung der Anlage und verbessertem Rennbetrieb konnte die städtische Betriebsgesellschaft keine ausgeglichenen Wirtschaftsergebnisse erzielen. Daher kündigte die Stadt den Vertrag aus 1979. Die wesentliche Ursache bestand in der immer weiter gehenden Verlagerung des Wettgeschehens vom Rennplatz ins Internet, so dass die Hauptfinanzierungsquelle der Renntage immer mehr versiegte. Der Bremer Rennverein führte schließlich im März 2018 den letzten großen Renntag auf Basis des „1979-er Vertrags“ durch. Im April 2018 schloss die Stadt die Anlage. Sie beabsichtigte auf dem Rennbahngelände Wohnungen zu bauen. Die Rede war von 1.000 Wohnungen für 2.000 bis 3.000 Bewohner. Dieses Vorhaben rief eine Bürgerinitiative auf den Plan, die für ein Volksbegehren mehr als 4.000 Unterschriften sammelte und durch eine für sie positiv verlaufene Volksabstimmung im Mai 2019 die Bebauung des Geländes verhinderte. Nach der Volksabstimmung ist für das Areal eine Nutzung für Freizeit, Naherholung, Kultur und Sport zu entwickeln.

 

 

Am 17. Juni 2022 stellten drei Planungsbüros ihre in einem Wettbewerbsverfahren unter großer Beteiligung auch von Jugendlichen entwickelten Entwürfe zur künftigen Gestaltung des Rennbahngeländes im Bürgerzentrum Vahr vor. Eine Jury entschied sich für den Entwurf der Stadtplaner des Büros West 8 aus Rotterdam. Auf der Basis des Siegerentwurfs sollen ein städtebaulicher Rahmenplan und bis 2024 der Bebauungsplan für das Gelände erstellt werden.

Derzeit bietet die Zwischenzeitzentrale das Gelände für temporäre Nutzungen an. Auch der Bremer Rennverein konnte im Herbst 2021 und am Ostersamstag 2022 noch Galopprenntage veranstalten. Im Vorgriff auf in die in der Entwicklung befindliche Planung ist quer über das Gelände eine 500 m lange Wegeverbindung vom Carl-Goerdeler-Park in der Neuen Vahr zur Kleingartenanlage Selbaldsbrück mit Anbindungen an weiterführende Radwege in Bau. Diese ist auch vom Wilhelm-Busch-Viertel aus gut zu erreichen und bietet Gelegenheit für neue Rundweg

Quellen:

 
  • Karl Marten Barfuß u.a., Geschichte der Freien Hansestadt von 1945 bis 2005, Band 1 und 2 Bremen 2010;
  • Kirsten Tiedemann, Bremens Kaisenhäuser – Mehr als ein Dach über dem Kopf, Bremer Zentrum für Baukultur, Band 16;
  • Herbert Schwarzwälder, Das große Bremen-Lexikon, Bremen 2002;
  • Ulrich Schlüter (Hgs.), 50 Jahre Blockdiek – 1966 bis 2016, Bremen 2016;
  • Senator für das Bauwesen, Die Neugestaltung Bremens, Heft 7, Stephani-Gebiet, Gartenstadt Vahr, Neue Vahr, Bremen 1959,
  • Abfragen Wikipedia zu Mercedes-Benz-Werk und Galopprennbahn
  • Eigene Unterlagen
  • archiketurfuehrer-bremen.de
  • bauumwelt-bremen.de
  •  wfb-bremen.de

Aktuelles

Maifest 2024

findet am 4. Mai ab 17 Uhr statt.

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